Mein Name ist Trebin, ich bin als Allgemeinarzt niedergelassen in Bamberg. Meine Besonderheit ist, dass ich mich der klassischen Homöopathie widme, und eine weitere Besonderheit ist, dass ich kein Vertragsarzt bin, sondern eine Privatpraxis betreibe.
Meine Behandlungsmethode zeigt, wenn sie gut ausgeübt wird, sehr schöne Erfolge, fordert aber auch eine hohe Aufmerksamkeit gegenüber dem Patienten. Als ich vor 26 Jahren meinen Kassenarztsitz abgab, bestand nur die Möglichkeit, das Honorar für derart zeitaufwändige Leistungen über die privatärztliche Gebührenordnung (abgekürzt GOÄ) zu erwirtschaften.
Ich bin glücklich über diesen Schritt in die Privatpraxis, denn ich kann meinen ärztlichen Auftrag erfüllen, so wie ich es für richtig halte. Ich fühle mich auf einer Insel der Seligen, denn wenn ich die Gängeleien sehe, denen meine Kollegen Kassenärzte ausgesetzt sind, dann kann man längst nicht mehr von einem freien Beruf sprechen. Alleine ein Viertel ihrer Tätigkeit haben sie, so höre ich, mit Verwaltungstätigkeit auszufüllen, Zeit, die mir für meine Patienten zur Verfügung steht.
Ich kann kreativ arbeiten, ich kann mich intensiv mit den Schicksalen meiner Patienten befassen, ich kann mich um echte Heilungen bemühen. Aber die Rolle, die die Politik den Ärzten, vor allem den Hausärzten zuweist, scheint mir eine Degradierung zu reinen Verwaltern von Kranksein zu sein: überweisen, Arbeitsunfähigkeit bestätigen, leitliniengerechte Therapie. Der Digitalisierungswahn tut ein Übriges.
Ich kenne den verzweifelten Wunsch vieler Kollegen, diesen Beruf human und zuwendungsintensiv betreiben zu können, aber hierfür wird, so scheint mir, im Kassensystem weder die Zeit noch ein zum wirtschaftlichen Überleben notwendiges Honorar zur Verfügung gestellt.
Aber auch den privatärztlichen Bereich, der dem Behandler noch einen ganz anderen Spielraum gewährt, hungert man sukzessive aus. Man kann dabei über technische Leistungen noch gutes Geld machen, jedoch auch hier werden die Gesprächsleistungen dürftig bezahlt. Und vor allem hat man seit fast 30 Jahren das Honorar nicht um einen Cent angepasst, was bedeutet, dass man inflationsbedingt mindestens 50 % des Einkommens eingebüßt hat. Mittlerweile steht der Kassenarzt mit Fließbandpraxis finanziell deutlich besser da als der privatärztliche, individuell arbeitende Hausarzt.
Die Politik unter Lauterbach will das; sie will auf diese Weise klammheimlich, ohne das Mandat dafür zu haben, die Bürgerversicherung installieren, die an sich nicht schlecht wäre, aber nicht das Privatarztsystem herunterbrechen darf auf das dürftige Niveau des Kassensystems. Eine neue, längst überfällige privatärztliche Gebührenordnung, welche nicht nur das Honorar anpasst, sondern auch die sprechende Medizin besser abbildet, ist fertiggestellt, liegt auch dem Gesundheitsminister vor, wird aber nicht umgesetzt. Und so wird er weiter aus meiner Sicht seiner Rolle als Totengräber einer humanen Medizin gerecht.
Die ärztliche Kunst, im besten Sinne, braucht einen sicheren Rahmen, braucht Zeit und eine angemessene Vergütung. Dann wäre sie effektiver und sparsamer als das vorherrschende, technokratisch aufgeblasene Medizinsystem, das uns die Gesundheitspolitik der letzten Jahrzehnte beschert hat.
Bamberg, im November 2023