Zur Zeit ist die Klage wieder groß, dass junge Menschen unzureichend gegen Masern geimpft werden; kleine epidemische Ausbrüche schüren die Forderung nach einer Impfpflicht oder den Wunsch nach rigoroser Ausgrenzung ungeimpfter Kinder in Horten, Krippen und Kindergärten. Große Gefahren werden beschworen, tödliche Verläufe angekündigt, das Ziel der Eliminierung von Kinderkrankheiten rückt in weite Ferne, Impfmüdigkeit wird beklagt sowie die Verantwortungslosigkeit von Eltern (Minister Bahr).
Dass es aber die bewusste Entscheidung einzelner Personen sein könnte, die mit ihrer Ablehnung so mancher der empfohlenen Standardimpfungen genau wissen, was sie tun, hält keiner der Meinungsführer für möglich. Man kann die Dinge nämlich auch anders bewerten: Die Kinderkrankheiten Masern, Mumps und Windpocken können lästig und beschwerlich sein, ich habe in meiner Berufstätigkeit davon reichlich gesehen, aber keinen Schaden erlebt. Aber nach alter Beobachtung scheinen sie nicht ganz nutzlos zu sein. Es wird ihnen zugeschrieben, zur Reifung und Stabilisierung der Kinder in seelischer und körperlicher Hinsicht beizutragen. Sie also nur als unnötiges und gefährliches Übel zu betrachten, kann die falsche Einstellung sein. Vielleicht, und manche Beobachtung spricht dafür, entspringen viele Probleme unserer heutigen Kinder und Jugendlichen der Vermeidung dieser Kinderkrankheiten durch die sogenannten Schutzimpfungen, Hyperaktivität und aggressive Verhaltenstörungen etwa.
Die gegenwärtig heraufbeschworenen Gefahren und Komplikationen sind aber tatsächlich erst das Produkt der jetzigen Impfstrategie und das wird uns noch erhebliche Schwierigkeiten bereiten: Mütter, die zur rechten Zeit, also in ihrer eigenen frühen Kindheit, Kontakt mit diesen Krankheiten hatten, ob daran erkrankt oder nicht, geben ihren eigenen Kindern einen sogenannten Nestschutz mit. Dieser fehlt aber, wenn die Frauen lediglich per Impfung vor der Erkrankung bewahrt wurden. Damit kommt ein großes Risiko auf, dass bereits Neugeborene oder Säuglinge, jedenfalls Kinder unter einem Jahr, an Masern erkranken und damit von erheblich schwereren Verläufen mit möglicherweise gefährlicheren Komplikationen bedroht sind - hausgemacht! Auch garantiert die Impfung keineswegs einen lebenslangen Schutz, so das wir auch das Problem heraufbeschwören, dass ältere Personen erkranken, und dann vermutlich mit wesentlich verhehrenderen Folgen. Junge Menschen haben heute kaum noch eine Chance, in Kontakt mit Erkrankten zu treten und zur rechten Zeit die Kinderkrankheiten durchzustehen.
Wir haben es vor kurzem erlebt, dass eine Reihe junger Leute im Alter von 17 bis 23 Jahren an Mumps erkrankten, allesamt hatten sie erhebliche Komplikationen, die bei zeitigem Durchleben der Krankheit im frühen Kindesalter ausgeblieben wären - hausgemacht! Wir müssen uns auf diese Tatsache einstellen und bieten daher heute jungen Menschen jenseits von 17 Jahren an, sich gegen Masern, Mumps und Röteln impfen zu lassen, geben ihnen aber die Chance, vorher diese Erkrankung auf sinnvollem Wege zu durchleben.
Bei Röteln verhält es sich anders, vor Eintritt der Geschlechtsreife sollten junge Mädchen gegen Röteln geimpft sein, denn wenn sie während einer Schwangerschaft erkranken, besteht erhebliche Gefahr für das ungeborene Kind. Die in gesundheitlicher Hinsicht recht hysterischen US-Amerikaner hatten früher noch sogenannte Röteln-Partys veranstaltet, d. h. wenn ein junger Mensch an Röteln erkrankt war, wurde die ganze Nachbarschaft an Kindern eingeladen, damit sie möglichst zeitig diese Erkrankung durchmachen und damit eine lebenslange Immunität erhalten konnten, die auch ihren Nachwuchs schützen würde. Diese Zeiten sind vorbei, die pharmazeutische Industrie macht jetzt das Geschäft.
Bamberg, im Juli 2013